Apps entwickeln im Unterricht - ein Workshop auf der Play15
Apps entwickeln im Unterricht - ein Workshop auf der Play15
Blogbeitrag vom
Vorweg: Dies ist keine technische Anleitung. Aber vielleicht eine Inspiration? Mein ganz subjektiver Bericht aus dem Workshop "Apps entwickeln", der am 16. September auf der Play15 - dem Festival für kreatives Computerspielen in Hamburg stattfand.
"Nach kurzer Zeit hat jeder Workshop-Teilnehmer eine eigene App programmiert", verspricht die Ankündigung. Zwei Stunden haben wir dafür Zeit. Zwei Stunden? Ich bin gespannt.
Der Veranstalter "App Camps" möchte mit seinen Workshops Jugendliche ab 13 Jahren fürs Programmieren begeistern. An Schulen und anderen Bildungseinrichtungen führt das gemeinnützige Unternehmen Workshops durch. "Die Schülerinnen und Schüler sollen nicht alle Entwicklerinnen und Entwickler werden. Aber sie sollen die Chance bekommen, sich dafür oder dagegen zu entscheiden, indem sie einen kleinen Einblick bekommen", meint Philipp Knodel. 2013 haben der Politikwissenschaftler und seine Frau Diana, eine Informatikerin und Softwareentwicklerin, in ihrer Freizeit die ersten Workshops mit Jugendlichen gemacht. Nur zwei Jahre später haben beide ihre bisherigen Jobs gekündigt, um sich nur noch um ihr Herzensprojekt zu kümmern. Und dass es ein Herzensprojekt ist, wird in den zwei Stunden schnell deutlich.
Sympathisch und kompetent führt Philipp ("Wir Entwickler duzen uns immer") durch den Workshop, baut Ängste ab, motiviert und erklärt den Ablauf des Workshops auch anhand von lockeren Kurzvideos.
Wir werden mit einem "Daily Standup" beginnen, dann im "Pair programming" arbeiten und uns schließlich zum "Review" wiedertreffen. So mache man das nämlich auch bei Facebook, Soundcloud oder Google. Ich bin dankbar für die Übersetzung und merke schnell: Dass man sich am Anfang des Tages kurz im Stehen zur Besprechung trifft, zu zweit effektiver und mit mehr Spaß arbeitet und am Ende das Ergebnis reflektiert, ist mir nicht ganz unbekannt. Aber es macht Spaß, sich vorzustellen, dass wir jetzt zwei Stunden lang so tun dürfen, als ob wir bei den ganz Großen arbeiten. Dass Jugendliche da Feuer fangen, kann ich mir lebhaft vorstellen.
Das Tool, das wir nutzen werden, ist eine Erfindung von Google und heißt "App Inventor". Man braucht eine E-Mail Adresse bei Google, um den App Inventor nutzen zu können. Ich will gerade Luft holen, um einen längeren Vortrag über Googles zweifelhafte Datenschutzpolitik zu beginnen, da kommt Philipp mir zuvor: "Mir ist klar, dass nicht jeder gern ein Google-Konto haben möchte. Ihr könnt ja Accounts anlegen, die ihr dann nach dem Workshop wieder löscht. Ich helf euch dabei." Na gut.
Dann geht es los: Unsere Aufgabe ist, die App "Hallo Katze" zu programmieren: Eine Katze soll "Miau" sagen, wenn man auf ihr Foto klickt. Hört sich nicht grade nach einer großen Herausforderung an. Ist es aber, wenn man vom Programmieren keine Ahnung hat.
Am Anfang fällt mir und meinem Pair-Programming-Partner Frederik der Zugang noch leicht: Wir laden ein Bild von einer Katze hoch, fügen dazu einen Text ein und laden dann noch ein "Miau" als MP3 Datei hoch - soweit kein Problem für eine Internetseitenmacherin. Aber dann geht's ans eigentliche Programmieren. Wir lernen das "Wenn..., dann..."-Prinzip kennen. Das gibt es ja auch als Erziehungsmethode in der Pädagogik, denke ich froh, kann also nicht so schwer sein. Wenn man auf das Bild klickt, dann soll die Katze Miau sagen. Genau diese Befehle muss ich dem App Inventor entlocken und dazu viele bunte Puzzleteilchen hin- und herschieben.
Wie die Schülerinnen und Schüler in den Workshops, dürfen auch wir uns Arbeitsblätter nehmen, die uns dabei unterstützen, das System zu verstehen. "Brauchen wir nicht", entscheiden Frederik (übrigens Mitte 20, Praktikant an einer berufsbildenden Schule) und ich (41, seit 12 Jahren freie Medienpädagogin) schnell. Aber wieso passen die kleinen, bunten Befehle nicht zusammen, die man wie Puzzleteilchen zusammenschieben muss? Frederik und ich denken offenbar in ganz unterschiedliche Richtungen und etwas kleinmütig greifen wir dann doch nach den Zetteln mit den Hilfestellungen.
Zum Glück unterstützt Philipp uns bei Fragen, ermutigt und gibt Tipps. Am Ende schaffen wir es tatsächlich, nicht nur die Katze miauen, sondern sogar noch einen Hund bellen zu lassen - sogar im Wechsel! Dafür haben wir mit dem App Inventor am Ende einen QR Code erzeugt und auf unser Smartphone geladen. Stolz präsentieren wir in der "Review" unsere App mit dem Arbeitstitel "Hello Kitty" als potentielles TopSeller Produkt für die neu zu akquirierende Zielgruppe der 1-3jährigen! Vom Gelächter der anderen und der Behauptung, es sähe eher so aus, als würde die Katze bellen und der Hund miauen, lassen wir uns nicht beirren!
Die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben schon Vorerfahrungen im Programmieren und deshalb einfach mal die erste Workshop-Aufgabe übersprungen. Sie haben zum Beispiel eine Mal-App programmiert, mit der man mit dem Finger bunte Bilder aufs Display zaubern kann oder sogar eine Wahrheitskugel-App. "Ist in Hamburg dieses Jahr noch sommerliches Wetter zu erwarten?" fragt Philipp das Handy. Die App auf dem Smartphone klingelt magisch, schweigt eine Weile zaghaft und entscheidet dann: "Ich glaube, eher nicht". Das überzeugt mich restlos.
Die Schülerinnen und Schüler, die einen App Camps Workshop durchlaufen, nehmen an sieben zweistündigen Modulen teil. Am Ende können sie sogar ein kleines Spiel und ein eigenes Quiz programmieren!
Eigene kleine Apps programmieren zu können, könnte auch für uns Kinderseitenmacherinnen und -macher interessant sein. Ich könnte mir zum Beispiel ein Quiz vorstellen, dass auf die Inhalte der eigenen Internetseite Bezug nimmt. Wer Spaß am Tüfteln hat und Zeit investieren kann, sich das selber beizubringen, spart sich so die Kosten für den Programmierer. Auch wenn eine selbstgebastelte wahrscheinlich nicht mit einer professionell gestalteten App zu vergleichen ist.
Und obwohl das Programmieren ganz schöne Knoten in meinem Gehirn verursacht hat, merke ich, wie ich anfange zu träumen: Eine Reporter-App der Radiofüchse wäre doch toll! Kinder könnten mit dem Handy eigene Töne einfangen, Interviews oder Reportagen machen und diese gleich auf ihre App hochladen, vielleicht sogar mit anderen teilen. So eine Art "Soundcloud" für 8 bis 12 jährige - das wäre toll! Hm, krieg ich das nicht vielleicht sogar selber hin? Oder ich finde ein paar 13jährige, die das bei App Camps gelernt haben...?
Kontakt zu App Camps:
Telefon: +49 (0)172 1010 860
Lehrkäfte und PädagogInnen, die Kursmaterial nutzen möchten, können sich auf http://www.appcamps.de/users/enrollment/new registrieren und um ein kostenloses Materialpaket bewerben. Das Material ist geeignet für Kinder ab 13 Jahren.