Kriterien für Kinderseiten

Kriterien für Kinderseiten

Blogbeitrag vom

Besonderheit des Mediums


Im virtuellen, dezentral vernetzten und frei zugänglichen Internet können Medien ungefiltert veröffentlicht und konsumiert werden. Für Produzenten/innen von Internetseiten hat dies den Vorteil, dass sie Seiten unabhängig von der Qualität und Quantität ihres Inhalts gleichberechtigt neben andere Seiten ins Netz stellen können. Für Rezipienten/innen von Internetseiten hat dies allerdings den Nachteil, dass sie bei der Fülle von unterschiedlichen Angeboten schnell den Überblick verlieren können.

 

Besonderheit von Kinderseiten

Bild: Sigrun BilgesKinder sind naturgemäß weniger lese- und lebenserfahren als Erwachsene und verlieren sich deshalb noch schneller als diese im unüberschaubaren, weltweit interagierenden Netz.
Trotzdem gibt es immer wieder Kinderseiten, die auf die Besonderheit ihrer Nutzer/innen nicht eingehen und deshalb für Heranwachsende nicht wirklich geeignet sind. Aus diesem Grund wurden in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren Kriterien für Kinderseiten entwickelt, die Eltern, Pädagogen/innen und nicht zuletzt auch den Macher/innen von Kinderseiten selbst, helfen sollen, geeignete Kinderseiten zu erkennen und zu erstellen.

Wer stellt Kriterien für gute Kinderseiten auf?

Im Wesentlichen sind vor allem folgende Gruppen für die Herausbildung von Kriterien verantwortlich, wobei es unter den Gruppen viele personelle Überschneidungen und gegenseitige Mitarbeit gibt:

  • Macher der Seiten selbst (z.B. Blinde Kuh, Seitenstark)
  • Medienpädagogische Institute und Universitäten (z.B. Jff, Initiative Medienintelligenz)
  • Jugendschutzorganisationen (z.B. jugendschutz.net -> klicktipps, KinderServer)
  • Medienanstalten oder -institute (KJM, Landesmedienanstalten)
  • Siegel-Ausschreiber (Erfurter Netcode, Grimme Institut)
  • Bundesregierung in Kooperation mit Partnern aus Wirtschaft, Gesellschaft, Wissenschaft und Seitenmachern (FragFINN, Ein Netz für Kinder, KinderServer, Dialog Internet, SCHAU HIN, FSM)
  • Kinder (indirekt durch Konsumentenforschung)

Medienmachende, Medienprüfstellen, Mediengesetzgeber und Medienpädagog/innen beurteilen also in Kooperation mit der Wirtschaft die Kinderseitenlandschaft und stellen Kriterien für geeignete Kinderseiten auf. Gemeinsames Merkmal dieser Gruppen ist das Erarbeiten von medienpädagogischen Kriterien zur sicheren Nutzung des Netzes.

Im Unterschied zum Print- und Buchbereich stellen im multimedialen, interaktiven und vernetzten Internet also Menschen Richtlinien für die Güte des Mediums auf, die sich nicht explizit mit Texten und Bildern, Tönen oder anderen einzelnen Medien oder Fachgebieten auskennen, sondern die sich in erster Linie mit der Vermittlung, Nutzung und der Überwachung von Medien auseinandersetzen.

Der professionelle Kritiker von Fachwissen, der inhaltliche und stilistische Qualitätsmerkmale für sein Medium aufstellt, wird im Netz vom professionellen Medienpädagogen und -beauftragten abgelöst, der allgemein über die Einhaltung von Jugendschutzgesetzen und über die vier Dimensionen der Medienkompetenz wacht.

Kriterien für Kinderseiten

Bild: Sigrun BilgesDie Komplexität des Mediums, die durch seine Vernetztheit, Multimedialität, Interaktivität und freie Zugänglichkeit entsteht, stellt eine besondere Herausforderung für die Findung von Kriterien für Kinderseiten dar. Denn Kinder sind mit wenigen Klicks im weltweiten Netz, können mit multimedialen Angeboten leicht zu Käufen verlockt werden und mit zweifelhaften Gesprächspartnern interagieren. Den Schutz des Kindes im virtuellen Raum zu gewährleisten, und es gleichzeitig fit für das Medium zu machen, ist deshalb vordringliches Ziel der Medienpädagog/innen.

Allgemein kann gesagt werden, dass sich die Kriterien für Kinderseiten heute zwischen den Polen Bewahrung vor jugendgefährdenden und entwicklungsbeeinträchtigend Inhalten (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder, Jugendschutzgesetz) einerseits und dem Recht auf Information (UN-Kinderrechtskonvention) und der Erziehung der Kinder zu medienkompetenten Bürgern und Bürgerinnen bewegen.

1. Kriterien zur Sicherung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags und Jugendschutzgesetz:

Diese Kriterien sind Mindeststandards für alle Kinderseiten:

  •  Die Seite darf keine entwicklungsbeeinträchtigenden und jugendgefährdenden Inhalte enthalten. Dazu gehören Darstellungen von Gewalt, Pornographie, Drogen und radikale Inhalte, Volksverhetzung und Verletzung der Menschenwürde.
  •  Werbung ist nur dann erlaubt, wenn explizit darauf hingewiesen wird („Werbung“) und wenn sie keine direkte Kaufaufforderung sowie keine jugendgefährdenden Inhalte enthält.

2. Kriterien zur Sicherung des Datenschutzes

Diese Kriterien sind bei vielen Seiten mittlerweile Standard und gemeinsam mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag notwendige Bedingung, in Whitelists und Kinder-Suchmaschinen aufgenommen zu werden:

  • Daten werden nur im Ausnahmefall und dann mit Begründung abgefragt. Am besten sollte die Datenabfrage über Eltern laufen (Vorsicht vor Gewinnspielen).
  •  Die Seite muss zusichern, dass Daten vertraulich behandelt (nicht veröffentlicht), und nicht an Dritte weiter gegeben werden.

3. Kriterien zur Förderung von Medienkompetenz und Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention

Diese Kriterien zeichnen gute Kinderseiten aus:

  •  Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag und Jugendschutzgesetz werden eingehalten (s.o.)
  •  Datenschutz wird eingehalten (s.o.), Daten werden außerdem auf Nachfrage gelöscht
  •  Die Seite ist kostenlos und frei zugänglich, wenn Anmeldung erforderlich ist, dann anonym
  •  Die Seite ist freundlich und übersichtlich gestaltet und hat eine einfache Navigation, möglichst mit Hilfefunktion
  •  Die Seite macht Spaß und schlau (Medienkompetenz durch Interaktion und Selbstbeteiligung)
  •  Die Seite ist altersgerecht in ihrer (An-)Sprache und Gestaltung
  •  Die Seite gibt über ihren Sinn und Zweck Auskunft
  •  Zwischenseite bei Verlinkung ins WWW (am besten keine Verlinkung auf facebook oder youtube)
  •  Die Seite ist möglichst ohne Werbung, wenn doch, dann ohne Pop-ups, ohne Erhebung von personenbezogenen Daten und ohne direkte Einkaufsmöglichkeit
  •  Die Seite ist möglichst ohne Shop, wenn doch, dann ist dieser klar vom redaktionellen Teil getrennt, vor dem Kaufangebot öffnet sich erst eine Zwischenseite, Kinder können nur über ein Taschengeldkonto einkaufen
  •  Die Seite wird gepflegt, betreut und moderiert (Chats, Foren, Soziale Medien)
  •  Auf der Seite werden alle Quellen, Herausgeber und Mitarbeiter genannt (Impressum)

Detailliertere oder genauer ausformulierte Kriterienkataloge findet man unter:

Daneben lassen sich drei weitere Kriterien für die Güte von Kinderseiten, die Kinder in Umfragen selbst aufstellen, zusammenfassen:

  • Die Seite sollte möglichst wenig Text und möglichst viele spielerische, assoziativ erfassbare Elemente haben (beispielsweise Spiele)
  • Die Seite sollte möglichst interaktiv sein (beispielsweise Community)
  • Die Seite sollte möglichst informativ sein (beispielsweise Infoseiten)

Fazit

Bild: Sigrun BilgesDie meisten Kriterien für gelungene, gute Kinderseiten beziehen sich auf den sicheren, medienkompetenten Umgang mit den Medien. Die inhaltliche, stilistische und insgesamt ästhetische Qualität einer Seite wird von Medienpädagogen als Kriterium für gute Kinderseiten kaum thematisiert und findet sich höchstens unter den Stichwörtern „Spaß“ und „Spannung“. Kriterien also, die man aus dem Printbereich kennt, wie anspruchsvoll oder niedrigschwellig, literarisch oder trivial, ästhetisch oder geschmacklos, wissenschaftlich oder populistisch sind hier eher nebensächlich oder fallen sogar komplett weg. Die Kinder selbst setzen dagegen andere Prioritäten als Medienpädagogen. Sie erwarten von einer Kinderseite gestalterische, spielerische, interaktive und informative Attraktivität.

Problem und Ausblick

Die von Medienpädagog/innen, Jugendschützer/innen und Medienmacher/innen aufgestellten Kriterien reichen bei Weitem nicht aus, um die Güte von Internetseiten wirklich zu beurteilen.

Mit den vorhandenen Kriterien ist es überdies nicht möglich, Kindern gezielt niedrigschwellige oder umgekehrt anspruchsvolle Angebote anzubieten, was in der didaktischen Arbeit mit Kindern durchaus von Vorteil wäre.

Weitere Kriterien für gute Kinderseiten müssten auf jeden Fall diskutiert werden. Solche Kriterien könnten beispielsweise sein:

  1. Der Mehrwert der Internetseite muss durch ihre Hypertextualität, freie Zugänglichkeit, Multimedialität und Interaktivität gegenüber anderen Medien klar erkennbar sein.
    (Ist ihr Mehrwert gering, gibt es keinen wirklichen Grund, das Angebot dem (Hör-)Buch, Spiel, oder gedrucktem Lexikon vorzuziehen.)
  2. Die inhaltliche, sprachliche und ästhetische Qualität des Angebots muss erkennbar sein. Die Kennzeichnung der Sicherheit und die Altersstufen-Kennzeichnung wird ergänzt durch eine Kennzeichnung der Qualitäts- bzw. Schwierigkeitsstufen
  3. Anspruch und Wirklichkeit der jeweiligen Seite müssen zusammenpassen.
    (Beispielsweise sollten Informationsseiten auf die Richtigkeit ihrer Information achten,  oder Spieleseiten mehr als Memo-Spiele und Ausmalbilder anbieten.)