Für viele sind Computerspiele nichts weiter als billige Unterhaltung, andere halten sie für die Kunstform der Zukunft. In den letzten zehn Jahren sind zahlreiche Subkulturen entstanden, in denen Computerspiele nicht nur blind konsumiert werden, sondern in denen aus den Einzelelementen Neues erschaffen wird. Wie fast immer, hat dies urheberrechtliche Auswirkungen.
Streng genommen sind Computerspiele eine Mischform zwischen Animationsfilm und Computerprogramm. Das Computerprogramm dient der Steuerung, aber ohne die Ausgestaltung durch Film und Sound wäre das Ergebnis ziemlich langweilig. Für Nutzer ist eine Unterscheidung zwischen diesen verschiedenen Teilen wenig sinnvoll, da sie das Computerspiel im Ganzen nutzen und nicht nur Teile daraus.
Die Entscheidung, welcher Teil nun überwiegt, muss dennoch getroffen werden: Sähe man Computerspiele als interaktive Filme an, hieße das, dass man Privatkopien für Freunde und Verwandte machen kann. Die Regeln für Software, also für Computerprogramme, sind dagegen strenger: Man darf nur eine Sicherheitskopie machen, mehr nicht.
Sicherheitskopien und Spiele verleihen
Bei Computerspielen gilt: Im Zweifel – und die Juristen streiten selbst über den Status von Computerspielen – muss man sich nach den strengeren Regeln für Computerprogramme richten. Das bedeutet, dass die Regelung zu Privatkopien nicht anwendbar ist und man als Besitzer nur eine Sicherheitskopie machen kann.
Leider ist das oft schwierig, da die meisten kommerziellen Computerspiele kopiergeschützt sind. Und weil Computerspiele hybride Werke sind, meinen die meisten Juristen, dass eine Umgehung des Kopierschutzes nicht erlaubt ist. Denn das ist für Filme, Musik und Bilder im Urheberrecht ausgeschlossen. Man kann unter Umständen vom Hersteller eine Sicherheitskopie verlangen – was einen ziemlichen Aufwand bedeutet.
Viele Fragen, die hier eine Rolle spielen – welcher Werkteil für Spiele überwiegt, ob das Umgehungsverbot gilt, ob man Anspruch auf eine Sicherheitskopie hat –, sind auch unter Juristen umstritten und rechtlich ungeklärt. Für den User ist das eine unbefriedigende Situation, die sich hoffentlich mit der Zeit klären wird.
Verleihen darf man seine Computerspiele jedoch schon, allerdings darf nur jeweils eine Kopie in Gebrauch sein. Das heißt, dass das Spiel gleichzeitig nur auf einem Computer installiert sein darf. Man muss also als Verleiher das Spiel von seinem Rechner deinstallieren und darf es dann erst verleihen. Das gilt genauso für den Entleiher: Er muss das Spiel, wenn er es wieder zurückgibt, von seinem Rechner deinstallieren.
Skins, Mods, Machinima
In den letzten Jahren hat sich eine rührige Szene entwickelt, die Computerspiele nicht einfach nur durchspielt, sondern als Startpunkt für kreative Experimente benutzt. Die Charaktere und Dramaturgie vieler Spiele haben eine steigende Anzahl von Fans dazu angeregt, Spiele entweder nach eigenem Geschmack zu verändern oder sogar eigene Versionen von Spielen zu entwickeln. Die Fans organisieren sich in der Regel in Online-Foren oder Fan-Websites, aber auch Real-Life-Treffen und Festivals ziehen vermehrt Spielebegeisterte an.
Urheberrechtlich kann die Fan-Kreativität allerdings ein Problem darstellen. Programme, Figuren, Geschichte, Bilder und Grafiken sind urheberrechtlich geschützt, und wenn man seine Bearbeitungen außerhalb des unmittelbaren Privatbereiches ohne Erlaubnis des Rechteinhabers veröffentlicht, verstößt das gegen das Urheberrecht. Auch private Webseiten oder Onlineforen, die als Treffpunkte für Fans dienen, sind öffentliche Wiedergabeorte, da darauf potenziell Millionen von Menschen zugreifen können.
Viele Hersteller von Computerspielen unterstützen den kreativen Umgang mit ihren Produkten ebenso wie den Online-Austausch von Modifikationen und bieten Plattformen an, wo das geschehen kann. Das hängt jedoch vom Einzelfall ab und kann hier nicht in Bezug auf alle Game-Hersteller dargestellt werden. Wir wollen jedoch versuchen, die wichtigsten Techniken der Spieleveränderung darzustellen und eine Einschätzung abzugeben, was das Urheberrecht sagen würde, wenn die Hersteller hiermit nicht einverstanden sind.
Skins
Die einfachste Möglichkeit, ein Computerspiel individuell an seinen eigenen Geschmack anzupassen, ist das Aussehen der Figuren oder der Umgebung zu verändern. Das geschieht durch das Laden von so genannten „Skins“. Das sind Bild- und Beschreibungsdateien, die das Aussehen der Spielfiguren modifizieren, die dann aussehen können wie Prominente oder andere Filmfiguren.
Sie sind relativ einfach herzustellen und untereinander auszutauschen: Es gibt zahlreiche Seiten im Internet, von denen man Skins herunterladen kann. Für manche Spiele werden offizielle Erweiterungen verkauft, bei anderen basteln sich die Fans selbst die „Häute“ und verbreiten sie über inoffizielle Seiten weiter.
Mods
So genannte Mods (von englisch modifications) greifen sehr viel weiter in den Spiele-Code ein, indem sie zum Beispiel neue Schwierigkeitslevel bieten, die Spielregeln oder das Aussehen des Spiels ändern. Das kann manchmal so weit gehen, dass von dem ursprünglichen Spiel auf den ersten Blick nichts mehr übrig bleibt, weil nur noch die darunter liegende Spiele-Engine (die Steuerung des Spiels) übrig geblieben ist. Mods werden in der Regel kostenlos im Netz vertrieben – allerdings braucht man das ursprüngliche Spiel, um die Mod installieren zu können.
Diese Bearbeitungen sind teilweise sehr erfolgreich, manchmal sogar erfolgreicher als das Original. Counter-Strike zum Beispiel ist ein Spiel, bei dem ein Anti-Terrorkommando gegen eine Terroristengruppe kämpft und entweder diverse Missionen erfüllen muss oder die andere Mannschaft vernichten.
Es basiert auf dem First-Person-Shooter Half-Life und war in den nuller Jahren für eine Weile das meistgespielte Netzwerkspiel (die Games-Site www.gamespy.com meldete, dass es 2004 für 70 Prozent des Traffics von Netzwerkspielen verantwortlich war).
Der Erfolg gab ihm Recht: Während es in den ersten Jahren als kostenlose Modifikation im Netz herunterzuladen war, kaufte es der Hersteller von Half-Life später an.
Machinima
„Machinima“ (aus den englischen Wörtern machine, cinema und animation) sind Filme, die mit Hilfe des unterliegenden 3D-Steuerungsprogramms von Spielen (der so genannten Spiele-Engine) erstellt werden. Der Vorteil ist, dass sich dadurch 3D-Animationen herstellen lassen, ohne dass man auf teure Programme und Entwicklungsumgebungen angewiesen ist.
Machinima-Filme basieren auf allen möglichen Spiele-Engines. Es gibt sie in verschiedenen Stufen der technischen Perfektion – von Diashows, die mit der Fotoalbumfunktion von „Die Sims“ gemacht wurden, bis zu epischen Geschichten im Fantasy-Land. Machinima gibt es schon seit 1997, als sich die Aktiven der Szene über Websites und Netzwerke organisierten. Inzwischen entstanden internationale Festivals, auf denen die besten Machinima ausgezeichnet werden und es gibt Anzeichen, dass die kleinen Spielefilme weiter in den Mainstream vorrücken werden.
Und was sagt das Urheberrecht dazu?
So schön und kreativ die Welt der Fanmodifikationen ist – wenn es nach dem Urheberrecht geht, sind viele Aktivitäten der Fans nicht erlaubt. Es gibt zahlreiche Firmen, die die Fanaktivitäten entweder dulden oder sogar unterstützen, da es für sie ein wertvolles Marketinginstrument ist und der Kundenbindung dient.
Ohne explizites Einverständnis der Autoren beziehungsweise der Produktionsfirma, die die Rechte besitzt, dürfen weder die grafischen Elemente noch die Steuerungsengine bearbeitet werden, oder wie im Fall der Machinima für eigene Filme benutzt werden. Die wenigsten Fans holen sich eine solche Lizenz ein.
Eine solche Erlaubnis können Firmen in ihren „End User Licence Agreements“ (EULA) geben, wo zum Beispiel die nichtkommerzielle Nutzung und Erweiterung ihrer Spielewelten gestattet wird. Die Firmen behalten sich zum Teil in den EULAs jedoch das Recht vor, selbst zu entscheiden, was eine kommerzielle oder nichtkommerzielle Nutzung ist, und können die Lizenzbedingungen jederzeit ändern.
Ein gutes Beispiel dafür ist das Spiel „Die Sims“ – eine Art virtueller Puppenstube für Erwachsene, in der man das Alltagsleben von virtuellen Personen steuern kann. Die Firma Maxis verkauft Erweiterungen, mit denen man das Spiel ergänzen kann. Aber auch die Sims-Spieler selbst gestalten Skins und Ausstattungsgegenstände, die Sims-Fans entweder auf eigenen Homepages für andere User zur Verfügung stellen oder über eine offizielle Online-Plattform (Sims Exchange) austauschen. Diese Erweiterungen sind über die EULAs ausdrücklich erlaubt und werden wegen der dadurch entstehenden Kundenbindung auch geschätzt.
Auch andere Firmen unterstützten die Weiterentwicklung ihrer Spiele durch die Fangemeinde: Entwicklerfirmen wie id (stellt u.a. die Spiele Doom und Quake her), Valve (Counter-Strike und Half-Life) und Epic (Unreal) veröffentlichen Quellcodes und Editoren, mit denen man das Spiel weiterentwickeln kann. Blizzard Entertainment (World of Warcraft) oder Microsoft (Halo) haben in ihren Lizenzbedingungen user-generierte Erweiterungen explizit erlaubt.
Man kann aber nicht davon ausgehen, dass Hersteller, die Modifikationen nicht ausdrücklich gestatten, stillschweigend damit einverstanden wären. Es gilt auch hier der Grundsatz: Was nicht ausdrücklich, egal ob per Lizenz oder per Gesetz, erlaubt ist, ist verboten.
Hersteller sitzen am längeren Hebel
Wenn der Hersteller etwas dagegen hat, dass die Fans mit seinen Figuren und Spielumgebungen „Unfug“ treiben, sitzt er am längeren Hebel: Sowohl Figuren als auch Setting und Erzählstruktur eines Spieles sind häufig urheberrechtlich geschützt.
Man kann zwar Bearbeitungen für sich zu Hause anfertigen – solange man keinen Kopierschutz dafür umgangen hat –, darf diese aber nicht öffentlich machen, indem man sie etwa auf seiner Homepage zum Download anbietet. Dabei macht es keinen Unterschied, ob man Geld für seine Modifikationen nimmt oder nicht. Eine Verbreitung bleibt das Privileg des Urhebers beziehungsweise Rechteinhabers.
Als User, der an Computerspielen rumbasteln will, muss man also genau wissen, wie die Firma zu Mods, Skins und Machinimas steht, da eine falsche Einschätzung dazu führen kann, dass man Urheberrechte verletzt. Zwar werden die Fanwerke oft geduldet, solange sie nicht-kommerziell bleiben, aber verlassen kann man sich darauf nicht.
Wenn keine ausdrückliche Genehmigung vorliegt, begibt man sich also in die Gefahr, vom Rechteinhaber belangt zu werden. Der Spiele-Freak muss eine individuelle Risiko-Abschätzung vornehmen, die ihm Ratgeberseiten wie diese, nicht abnehmen können.
Autor: Valie Djordjevic, iRights.info
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