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Digitale Schriften: Arten, Nutzung, Unterschiede – von käuflich bis zu Open Source

Den Schriftenvorrat eines Personal Computers kann man bekanntlich beliebig erweitern. Hierfür stehen käufliche, kostenlose und freie (Open Source) Fonts zur Verfügung. Doch wofür darf man diese benutzen? Worin unterscheiden sich die jeweiligen Schriften?

Screenshot https://fontlibrary.org/Das Angebot an digitalen Schriften ist riesig und bisweilen unübersichtlich. Es gibt Tausende käuflicher Schriften in Online-Shops von kommerziellen Anbietern und abertausende kostenlos verfügbarer Schriften auf allen möglichen Webseiten und Plattformen. Dazu kommen noch freie Open-Source-Schriften, wenn auch in einer derzeit vergleichsweise überschaubaren Anzahl.

Anders als im Disketten-Zeitalter der 1990er Jahre kann man sich Schriften heutzutage als digitale Dateien meist online herunterladen, doch auch der Vertrieb auf CD-ROMs ist (wenn auch selten) anzutreffen. Schriften sind urheberrechtlich geschützte Werke, die genauso wie Fotos, Musik, Filme oder Software generell Schutz genießen. Wie man Schriften nutzen darf, geht aus den Lizenzbedingungen hervor, die von den jeweiligen Urhebern beziehungsweise Rechteinhabern vorgegeben werden. Das können Schriftgestalter (Typedesigner), sogenannte Schriftenhäuser (Foundries) oder die Vertriebsfirmen sein. Dort steht auch, ob die Schriften frei weiterverwendet werden dürfen oder nicht.

Schriftenformate und Standards

Es gibt Schriften (englisch Fonts) in zahlreichen Dateiformaten. Denn Schrift findet heute nicht nur auf dem Schreibtisch- oder am Arbeitsplatz-Rechner statt, sondern auch auf hochauflösenden Laptop- und Tablet-Monitoren, auf Riesen-Bildschirmen mit High Definition (HD-) oder gar Ultra-HD-Auflösung sowie auf kleineren Smartphone-, E-Book-Reader- oder Tablet-Bildschirmen – um nur die üblichen Ausgabegeräte zu nennen. Dies bedeutet, dass ein und dieselbe Schrift heutzutage in unterschiedlichen Varianten und Formaten vorliegen muss. Die gängigen Schriften-Standards heißen gegenwärtig „True Type Fonts“ (TTF), „Open Type Fonts“ (OTF) und „Web Open Font Format“ (WOFF) sowie „PostScript(-Type-1)“.

Auch wenn die Betriebssysteme Windows, OS X, Linux, Android oder iOS mit den genannten Schriftenstandards in der Regel gut zurecht kommen, ist bei Kauf und Gebrauch von Schriften durchaus darauf zu achten, in welchen dieser Formate die Schriften vorliegen oder ausgeliefert werden. WOFF-Schriften sind beispielsweise für Webseiten oder Apps optimiert, aber technisch nicht für die Produktion von Druckwerken verwendbar. Umgekehrt müssen reine Druckschriften für den Einsatz auf HD-Monitoren oder Mini-Bildschirmen angepasst werden, aus technischen Gründen – zum Beispiel damit die Dateien nicht zu groß werden – aber auch auch aus ästhetischen Erwägungen.

Was darf man mit Schriften machen?

Grundsätzlich sind Schriften nicht ohne weiteres urheberrechtlich schutzfähig. In Deutschland und einigen anderen Ländern können sie, ausgehend vom Wiener Abkommen vom 12. Juni 1973 über den Schutz typographischer Schriftzeichen und ihre internationale Hinterlegung, als Design geschützt werden. Genauer gesagt stehen sie ab ihrer „Offenbarung“ – sprich Veröffentlichung – automatisch unter dem Schutz eines nicht eingetragenen europäischen Geschmacksmusters, auf Basis der EU-Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung, Artikel 11. (Eine nationale Regelung findet sich dazu nicht, weil EU-Verordnungen unmittelbar anwendbar sind.) Diese Regelung ist übrigens auch auf Website-Designs anwendbar. Allerdings scheint sie bisher noch wenig bekannt zu sein und wird selten angewendet.

Für einen länger währenden Schutz der Schrift als Design beziehungsweise Geschmacksmuster ist eine Eintragung beim Deutschen Patent- und Markenamt möglich, die Schutzfrist beträgt dann 25 Jahre. Ebenso kann man beim Europäischen Patent- und Markenamt eine Eintragung vornehmen lassen, dort beträgt die Schutzdauer zunächst 10 Jahren, ist aber auf 25 Jahre verlängerbar. Umgekehrt heisst das: Ist eine Schrift nicht oder nicht mehr durch ein Geschmacksmuster geschützt, kann man damit als Nutzer machen was man will – also, mit dem Schriftdesign, nicht aber mit der Datei.

Bezüglich der Schriftendateien kann das Urheberrecht durchaus greifen, zumindest wenn diese als Software einzuordnen sind. Und das dürfte bei den meisten modernen Schriftendateien zutreffen. In diesem Fall schützt das Urheberrecht vor unberechtigter Nutzung für 70 Jahre nach dem Ableben des Urhebers.

So oder so: Für die Nutzung der digitalen Schrift in dieser Zeit des Urheberrechtsschutzes oder während der Zeit eines Geschmacksmusterschutzes bedarf es einer Berechtigung. Diese wird meist in Form von Endnutzer-Lizenzvereinbarungen (oder -Lizenzverträgen) und direkt beim Kauf erteilt. Auf englisch heissen sie „End User Licence Agreements“, kurz EULA. Solche EULA können auch wirksam werden, wenn die Datei eigentlich gar nicht mehr geschützt ist, aber der Käufer ihr wirksam zugestimmt hat.

1. Kaufschriften

Es gibt eine Reihe renommierter Onlineshops kommerzieller Schriftenhäuser und Schriften-Versandhändler, wie Linotype, URW, Bitstream, Fontshop, Adobe, House Industries und viele weitere. Dazu kommen mittelgroße und kleinere Anbieter, wie Fontschmiede, Fontfarm, Schriftgestaltung, Fontboxx (CH), Typotheque, um nur ein paar ausgewählte Beispiele zu nennen. Die Preise schwanken stark: Sie reichen von kleinen zweistelligen bis zu vierstelligen Eurobeiträgen, weil sie sich nicht nur auf den einmaligen Erwerb einer Schrift, sondern ebenfalls auf den jeweiligen Umfang ihrer Nutzung beziehen.

Hierfür finden sich bei all diesen Schriften-Anbietern die bereits erwähnten „Endnutzer-Lizenzbestimmungen“ (EULA). Diese Lizenzbestimmungen sind im Grunde von jedem Anbieter sehr individuell formuliert, es gibt keine allgemein gültigen Normen. Man muss und sollte diese EULA bei jedem Kauf gründlich lesen und kennen, wenn vielleicht auch nicht für jede einzelne Schrift, dann zumindest aber für jeden Anbieter. Gleichwohl haben sich über die Jahre gewisse Branchenstandards für Lizenzklauseln heraus gebildet.

Gültigkeit der Lizenzen, keine Veränderungen erlaubt

Die Lizenzbedingungen für gekaufte Schriften gelten bei den meisten Anbietern in dem Moment als anerkannt und gültig, in dem der Käufer sie herunterlädt oder die erworbene (CD- oder DVD-)Verpackung öffnet. Diese Regelung ist typisch für Software-Produkte, man kennt sie von Programmen, Apps oder Games. Aber Obacht: Diese Lizenzbedingungen können auch unwirksam sein, weil man sie womöglich vor dem Kauf gar nicht zur Kenntnis nehmen kann – beispielsweise, wenn sie im Inneren einer eingeschweißten Verpackung liegen, oder sie erst nach dem Online-Kauf als gelesen markiert werden können.

Aufmerksam sollte man auch beim Kauf von Bundles sein, also zusammengebündelten Einzelprodukten. Für die meisten kommerziellen Schriften gibt es mehrere gestalterische Varianten, sogenannte „Schnitte“, etwa kursive oder fette Formen, eng oder weit laufende. Häufig bündeln die Anbieter mehrere Schnitte oder mehrere Schriften eines Herstellers (Foundry) in Paketen. Auch wenn die Schriften oder die Schnitte als einzelne Produkte gelten (können) sind die jeweiligen Lizenzbedingungen in der Regel zumindest pro Hersteller gleich – doch von Hersteller zu Hersteller können sie durchaus voneinander abweichen. So oder so dürfen die Nutzer die erworbenen Schriftdateien in aller Regel nicht verändern.

Anzahl der Installationen begrenzt, singuläre Backups erlaubt

Die „Originale“ einer Schriftdatei dürfen meist nur auf einer bestimmten Anzahl von Computern eines Unternehmens oder einer Organisation installiert sein. Hier ist eine Begrenzung auf eine bestimmte Anzahl von Rechnern üblich. Für weitere Nutzungen sind Zusatzlizensierungen, sprich Nachzahlungen, erforderlich. Man darf von den originalen Schriftdateien meist eine digitale Sicherungskopie (Backup) erstellen, ebenso ist meist die zusätzliche Nutzung an einem persönlichen Computer pro Computerlizenz erlaubt. Demnach dürfen beispielsweise die Mitarbeiter einer Design-Agentur die Schriftdateien auf die Firmenrechner im Büro installieren, aber zusätzlich auch auf ihrem eigenen mobilen Computer.

Übertragung, Verleih und Weiterverkauf verboten

Schriften kommen als Gestaltungselement sehr häufig für umfangreiche oder langfristige Kooperationen zwischen mehreren Beteiligten zum Einsatz – beispielsweise ein Unternehmen, das mit einem oder mehreren Agenturen als Dienstleistern kooperiert, die wiederum Selbständige oder Freiberufler hinzuziehen. Auf diese alltägliche geschäftliche Handhabung von Schriften sind die Lizenzbedingungen durchaus eingestellt. So sind zwar die erworbenen Nutzungsrechte meist nicht übertragbar, ebenso ist das Verleihen oder der Weiterverkauf in der Regel verboten.

Die Weitergabe gekaufter Schriftdateien, etwa von Unternehmen an ihre Dienstleister, wie Design-Studios, Layout-Agenturen oder Druckerei-Betriebe, ist aber statthaft, wenn auch ausschließlich auf die Ausgabe bezogen. Gemeint ist die Anfertigung von Drucksachen oder Entwürfe (Mockups) von Webseiten. Zudem dürfen die jeweiligen Dienstleister, so eine häufig vorkommende Klausel, mit der zum Auftrag gehörenden Schrift nicht an den gelieferten Texten gestalterisch arbeiten, sondern die Schriften nur zur Umsetzung des Auftrages benutzen – eine für den Grafikdesigner-Alltag eher schwammige Festlegung. Zumal auch die Bearbeitung einzelner Zeichen nicht anhand der Schriftdatei erlaubt ist, wohl aber, wenn die Schriftzeichen zuvor in eine Grafik umgewandelt wurden. Für den Designer, derbeispielsweise auf der Basis eines einzelnen Zeichens ein Logo baut, ist das ein wichtiger Punkt.

Aber zurück zur Weitergabe von Schriftdateien: In die andere Richtung ist diese nämlich nicht erlaubt. Agenturen und Dienstleister dürfen die von ihnen erworbenen Schriftdateien meistens nicht an ihre Kunden weitergeben. Laut der meisten Lizenzbedingungen müssen die Auftraggeber die Fonts selbst kaufen.

Schriften in digitale Dokumente einbetten

Möchte man Schriften in abgeschlossenen digitalen Dokumenten oder Produkten verwenden, in den allermeisten Fällen PDF-Dateien, unterscheiden die Lizenzbedingungen meist nach den jeweiligen Ausgabe-Plattformen oder -Szenarios. Manche Anbieter erlauben das Einbetten nur für nicht-kommerzielle Projekte. Die Einbettung muss dann technisch so erfolgen, dass sich die integrierten Schriftdateien nicht aus den Dateien extrahieren lassen – etwa durch entsprechende Umkodierung, die man mit manchen Programmen vornehmen kann. Andere Anbieter gestatten das Einbetten gar nicht oder nur für Ausgabeformate, die die Schrift als Bild darstellen, also die zugehörige Beschreibung der Schriftzeichen gar nicht enthalten. In der Regel bieten die Schriftenverkäufer für die erweiterte Nutzung und Einbettung der Fonts entsprechende Zusatz- oder Nachlizenzen an, wenn auch oft auf Basis individueller Verhandlungen.

Installation auf Servern: Spezielle Fonts oder Zusatzlizenz erforderlich

Ähnlich wie das Einbetten in abgeschlossene digitale Produkte ist auch die Verwendung von Schriften für dynamische Ausgaben auf Websites oder in Online-Apps geregelt. Zwar haben PC-Betriebssysteme, Web-Browser oder mobile Geräte eine Reihe von Schriften vorinstalliert, doch wer eine bestimmte, gekaufte Schrift auf seiner Website benutzen will, muss die verwendeten Schriftdateien in den Quellcode integrieren. Neuerdings kann er aber auch dafür sorgen, dass die Schriften quasi in Echtzeit von einem zentralen Server „hinzugeladen“ werden. So oder so müssen die Lizenzbedingungen diese Verwendung der erworbenen Schriften auch ermöglichen.

Es gibt für die Verwendung von Schriften auf Webseiten seit ein paar Jahren speziell auf die Online-Verwendung zugeschnittene Web-Fonts und das schon erwähnte Standardformat Web Open Font Format (WOFF). Für diese spezifische Nutzung legen die Händler und Hersteller meist Lizenzierungsgrenzen anhand der Seitenbesuche fest. Hier gelten 500.000 Pageviews pro Monat als durchschnittlicher Richtwert, bei Überschreitung wird eine Nachlizensierung fällig – nicht immer anhand von Preistafeln sondern mitunter auch individuell bewertet und ausgehandelt.

Schriften streamen und mieten bei zentralen Fonthostern

In den letzten Jahren etablierte sich ein neues Konzept, nämlich Schriften für Websites oder auch Apps auf zentralen Servern vorzuhalten. Anstatt die Schriftdateien unmittelbar in die Website einzubauen, kann man diese in Echtzeit in die Seite hineinladen, ganz so wie bei eingebetteten Videos oder Fotos, wenn die Bewegt-/Bilder auf den Servern, etwa von YouTube oder Flickr verbleiben und bei Aufruf geliefert werden. Und für dieses Streamen von Schriften muss man sie nicht unbedingt kaufen, sondern kann sie mieten oder abonnieren. Das ist ein relativ neues Nutzungsszenario, das neue Lizenzvereinbarungen und neue Bezahlvarianten für Schriften ermöglicht.

Dieses relativ neuartige „Schriften mieten“ für den Web- und Online-Einsatz bieten unter anderem Adobe (typekit.com) oder Monotype (fonts.com); sie kooperieren zudem mit vielen Schriftenhäusern und -händlern. Allerdings sind die Nutzungsbedingungen hierfür derzeit noch sehr unterschiedlich, vergleichbare Standards und Preise müssen sich noch herauskristallisieren. Zwar gibt es meist Abonnement-Gebühren oder Flatrates, doch die damit verbundenen Nutzungs- und Lizenzbedingungen variieren. Sie beziehen sich entweder auf die Zahl der mit der Schrift bespielten Webseiten oder auf die Menge der jeweils nutzbaren Schriften. Die Abonnement-Tarife reichen von zwei Euro pro Monat für eine Minimalkonfiguration bis zu fast 1.200 Euro im Jahr (für industrielle Großkunden mit besonderen Anforderungen geht es noch darüber hinaus, mit steigendem Preis sind die Schriften aber auch über die Online-Plattformen hinaus nutzbar). Dazwischen gibt es einige Abstufungen.

Option für die kommerzielle Schriftnutzung der Zukunft

Für Branchenkenner liegt in den zentral verwalteten, professionell gepflegten, sehr flexibel und dynamisch nutzbaren Schriftkatalogen und in „Flatrate“-Lizenzen eine zukunftsträchtige Option der Schriften-Branche. Denn beides vereinfacht den Kauf und den Gebrauch durch die Nutzer, beides erleichtert den Händlern und Herstellern das Geschäft; vor allem, weil es die momentane Praxis der mitunter schwierigen Nachlizensierungen radikal vereinfacht – bei gleichzeitiger Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Andererseits liegen die Schriften dann eben „nur“ in der Cloud und außerhalb der eigenen Kontrolle. Damit gibt man einen Teil der Verantwortung für das Aussehen einer Website in fremde Hände macht sich vom Schriftserverbetreiber abhängig.

2. Free Fonts

Es gibt viele Webseiten, die sogenannte „Free Fonts“ anbieten. Sie erlauben in den meisten Fällen ausschließlich die private, nicht-gewerbliche Nutzung. Das heißt, kommerzielle Einsätze der geladenen Kostenlos-Schriften verlangen so gut wie immer eine Rechteklärung. Darauf weisen die meisten Plattformbetreiber auch mehr oder weniger deutlich hin, etwa mit solchen Standardformulierungen:

„Die hier veröffentlichten Schriftarten sind Eigentum ihrer Autoren, diese entscheiden auch über das Verwendungsrecht, daher sind diese vor der Verwendung einer Schriftart stets zu kontaktieren. Die Schriften sind zum großen Teil Freeware oder Allgemeingut beziehungsweise eingeschränkt nutzbare Testversionen oder Shareware.“

Damit wollen die oft ebenso wuselig aussehenden wie unverbindlich auftretenden „Free-Fonts“-Vertreiber in erster Linie sich selbst entlasten. Doch im Grunde erzeugen sie für die Nutzer damit eine gewisse Rechtsunsicherheit. Die Anbieter versprechen oft, dass sich „weitere Informationen zu den Nutzungsbedingungen einer Schrift“ in den beigefügten read.me-Dateien befinden – doch genau diese read.me-Dateien sind häufig im betreffenden Schriftenpaket gar nicht enthalten oder schlicht nicht aufzufinden. Das liegt auch daran, dass ein Teil der Schriften aus allen möglichen Quellen und Ländern zusammengesammelt wird oder die Portale ohnehin außerhalb Deutschlands betrieben werden. Dementsprechend liegen die Geschäftsbedingungen sowie die einzelnen Nutzungs- oder auch Lizenzvereinbarungen fast nie in Deutsch vor und können zudem von deutschen Rechtsregeln abweichen.

Das bedeutet: Wie bei anderen digitalen Gütern heißt auch bei Schriften „kostenlos“ keinesfalls automatisch „frei nutzbar“. Hier ist also große Vorsicht geboten – zumindest, wenn man die Schriften über private Zwecke hinausgehend nutzen will. Spätestens hier ergibt sich die Frage, wo denn „privat“ aufhört und wo „kommerziell“ anfängt. Hierfür gibt es jedoch keine Industrienorm, allenfalls Richtlinien und Verständnisse.

Was ist kommerzielle, was ist private Nutzung?

Die Unterscheidung zwischen kommerzieller und privater Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke ist generell seit Jahren umstritten. In der Schriftenbranche, so die Aussagen von Branchenkennern, gilt als kommerzielle Nutzung, wenn jemand mit Schriften einen Job für andere erledigt, also eine Auftraggeber-Dienstleister-Situation besteht – wobei egal ist, ob dieser Job bezahlt wird oder als Nachbarschaftshilfe oder Freundschaftsdienst läuft. Sofern jemand aber im Selbstauftrag eine Schrift nutzt und keine kommerziellen Produkte oder Dienstleistungen damit herstellt, ist das privat.

Als „kommerzielles Produkt“ wiederum gilt, so die Erläuterungen seitens Schriftenanbietern, ein elektronisches Dokument, das als käufliches Produkt einer geschäftlichen Aktivität angeboten wird, etwa ein elektronisches Buch oder Magazin. Demgegenüber gelten Dokumente, die lediglich in Verbindung mit der eigentlichen kommerziellen Transaktion verteilt werden, wie geschäftliche Briefe, Tickets für eine Veranstaltung oder Kaufbelege, eben nicht als kommerzielle Produkte.

Ob diese Definitionen ausreichend sind, um als Nutzer den privaten vom kommerziellen Einsatz einer Schrift eindeutig unterscheiden zu können, ist allerdings zu bezweifeln. Auch in der Creative Commons-Community ist diese Frage seit längerem ein ungelöster Streitpunkt. Demnach ist zu raten, sich lieber einmal mehr als zu wenig beim Lizenzgeber einer Schrift zu erkundigen, wie er spezifische Nutzungsarten bewertet oder einordnet.

3. Open-Source-Fonts

Schon mehr Rechtsgewissheit bringen die Lizenzbedingungen von Open-Source-Fonts mit sich, auch als „quelloffene Fonts“ bekannt. Ihre Lizenzen sind ähnlich formuliert wie bei Open-Source-Software. In diesem Fall liegt es an den Schriftgestaltern beziehungsweise etwaigen Rechteinhabern, ihre Schöpfungen für jegliche, also auch kommerzielle Nutzung frei zur Verfügung zu stellen, damit sie universell einsetz- und nutzbar sind. Es gibt hier unter anderem die GNU General Public License (GPL), die FLOSS- und die Ubuntu Font-License, doch die bekannteste und gebräuchlichste „Open“-Lizenz für Schriften ist derzeit wohl die „SIL Open Fonts License (OFL)“. SIL steht für „Summer Institute of Linguistics“, eine „glaubensbasierte Nonprofit-Organisation zur weltweiten Förderung von Sprachkulturen“ mit Hauptsitz in Dallas, Texas, USA.

Die Open Font License erlaubt es, Schriften frei zu benutzen, weiterzugeben, zu bearbeiten und zu verbreiteten. Man muss aber stets entsprechende Urheber- und Lizenzhinweise anbringen. Man darf die Schriften auch als Bestandteil von Software verbreiten, die zur Weitergabe bestimmt ist. Diese Regelung ist übrigens ein Grund, weshalb die OFL, eigenen Hinweisen des SIL zufolge, „nicht offiziell an Creative Commons“ angegliedert (affiliated) ist. Denn das digitale „Einbauen“ (Embedden) einer Schrift, etwa in PDF-Dokumente oder Webseiten, sehen die CC-Lizenzen nicht vor. Dennoch ist die SIL OFL von der Free Software Foundation als „freie“ Lizenz anerkannt, was innerhalb der OpenSource-Szene einen hohen Stellenwert hat.

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Die Visualisierung der fünf Open Fonts License-Bedingungen: „Attribution, Notice, ShareAlike, DerivativeRenaming, BundlingWhenSelling“

Eine der größten Sammlungen freier Open-Source-Schriften findet sich bei Google Fonts – derzeit sind es 632 verschiedene Schriftfamilien. Sie sind mehrheitlich per SIL OFL lizenziert. Man kann sie daher für alle Zwecke benutzen, privat wie kommerziell, für Webseiten oder Drucksachen. Und so finden sich die von Google gelisteten Fonts – beziehungsweise ein großer Teil davon – auch im Bestand von kommerziellen Anbietern und „Fonthostern“, wie Monotype (SkyFonts) und Adobe (Edge Web Fonts, Typekit).

Als gute Anlaufstelle für Open-Source-Schriften dient die entsprechende Wikipedia-Seite. Eine Übersicht bieten auch die Open Font Library, The League of Moveable Type und die Website Fontsquirrel. Letztere listet, eigenen Angaben zufolge, ausschliesslich kostenfreie Schriften auf, die sich ausdrücklich für kommerzielle Zwecke nutzen lassen. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Portal 1001 Fonts, doch dort sind mitunter auch stärker lizenzbeschränkte Fonts dabei.

„Open“ ist nicht gleich „Open“

Man sollte dennoch stets ein Auge auf die Lizenz und die Lizenzbedingungen werfen, zumal das Wort „Open“ bei Schriften verwirrend unterschiedlich eingesetzt wird: So meinen die bereits erwähnten Schriftformate „Open Type“ und „Web Open Font“ eher so etwas wie „offene Konzepte“ für die formale Dateibeschreibung, um diese Formate als (Industrie-)Standard anzubieten und zu etablieren. Demgegenüber steht „Open Source“ für eine Lizenzform, die auf freie Nutzung der Schriften abzielt. Dazu kommt, dass die Begriffe „open“ und „frei“ zwar in vielen Branchen und Szenen gängige Umschreibungen für „gebräuchliche“ Standard-Regelungen sind, doch ein verbindliches Siegel sind sie nicht und Garantien bieten sie dem Endverbraucher schon gar nicht. Verbindlich ist nur die hinterlegte Lizenz, und die sollte man kennen.

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Autor: Henry Steinhau, iRights.info

Lizenz: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung Lizenz 2.0 Germany

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